Das Aventurische Kompendium auf dem Prüfstand – Teil 3/3

Im letzten Teil der Serie zum Kompenium widme ich mich dem Herzstück der Regeln – dem Kampf.

5. Kampf

Besondere Kampfaktionen

Hier finden sich die Schmutzigen Tricks aus DSA4 in der DSA5-Variante.

  • Man kann dem Gegner den Teppich unter den Beinen wegziehen, indem man eine erschwerte Kraftakt-Probe ablegt. Gelingt dem Gegner keine Körperbeherrschungsprobe -QS/2, liegt er am Boden. Diese Aktion skaliert nicht gut mit der Erfahrung der Helden, da ein erfahrener Held auch eine Körperbeherrschungsprobe -2 locker wegstecken dürfte. Vielleicht ist das aber auch gewünscht so. Denn sonst hätte man ja auf eine vergleichende Probe setzen können.
  • Am Geländer hinunterrutschen ermöglicht mit Körperbeherrschung eine weitere Bewegung in Geländerrichtung und einen Tritt, der mit ziemlich vielen Sonderregeln versehen ist.
  • Behinderung durch Vorhang funktioniert ähnlich wie Teppich wegziehen, nur wird ausgewürfelt, was mit den Opfern passiert.
  • Fässer rollen funktioniert wieder ähnlich, die Erschwernis für den Verteidiger hängt aber von der Zahl der Fässer ab.
  • Kleines Objekt werfen kann Zauberer beim Zaubern ablenken. Da die Selbstbeherrschungsprobe +2 allerdings kein Problem sein dürfte und es zusätzlich 2 Aktionen dauert, ist das wohl keine sehr sinnvolle Option. Man sollte wohl besser größere Objekte werfen.
  • Kronleuchter fallen lassen richtet ähnlich wie die Fässer Schaden an, oder bringt Liegend oder Fixiert für 1 Kampfrunde. Genauso wie die Fässer ist die Aktion natürlich auch ziemlich spezifisch, oft kämpft man ja nicht direkt unter einem Kronleuchter.
  • Am Seil schwingen ermöglicht über weitere Proben (2x Körperbeherrschung, eventuell 1x Klettern) zusätzliche Bewegung und denselben Tritt wie beim Geländer hinunterrutschen.

Was mir hier sehr gut gefällt, ist der sichtbare Wille zur Einheitlichkeit. Fast alle besonderen Kampfaktionen funktionieren ähnlich, was der Anwendung sicherlich gut tut. Leider ist dann doch wieder jede Anwendung ein klein wenig anders, etwa wenn die Würfeltabellen für Fässer rollen, Kronleuchter fallen lassen und Behinderung durch Vorhang sich jeweils ein klein wenig unterscheiden.

Kritisch sehe ich vor allem die große Frequenz an 3W20-Proben im Kampf. Die meisten Anwendungen benötigen eine 3W20-Probe pro Beteiligtem, am Seil schwingen sogar noch mehr. Gemeinsam mit dem möglichen Nachschlagen könnte das das Spiel deutlich verlangsamen. Außerdem skalieren diese Aktionen nicht sehr gut und sind gegen stärkere Gegner nutzlos.

Talenteinsatz im Kampf

Was tun im Kampf, wenn man gerade nicht kämpft? Hier werden einige Sonderfälle in Regeln gekleidet.

  • Um wo hoch oder hinunterzuklettern, muss man jede KR eine Probe auf Klettern ablegen. Hm, ja, gut. Um Mechaniken zu bedienen würfelt man auf Mechanik. Irgendwie klar, aber auch nicht wirklich informativ.
  • Pferde werden mit Tierkunde scheu gemacht. Rätsel mit einer Sammelprobe in einem Wissenstalent gelöst. Hier wird es meiner Meinung nach problematisch. Was, wenn ich die Pferde mit lautem Geschrei oder Feuer scheu machen möchte? Was, wenn ich eine Rinderherde aufscheuchen möchte? Was, wenn ein Rätsel mehr oder weniger Zeit für die Lösung benötigt (etwa ein mathematisches Rätsel, bei dem man etwas rechnen muss)? Die hier präsentierten Regeln sind extrem spezifisch. Sobald sich die Situation etwas ändert, helfen sie nicht mehr.
  • Türen werden mit einer Sammelprobe auf Kraftakt aufgebrochen. Bei stabilen Türen hat man weniger Versuche. Das führt zur paradoxen Situation, das festere Türen schneller aufgebrochen werden als weniger stabile Türen. Wieder einmal eine merkwürdige Konsequenz der Sammelprobe.

Von dieser Seite nehme ich wenig neues mit. Viele Talenteinsätze sind offensichtlich (vergleichende Kraftakt-Proben um eine Tür zu blockieren, Klettern um wo hinaufzuklettern), andere sind sehr spezifisch (Pferde mit Tierkunde scheu machen). Bis auf mangelnde Relevanz lässt sich aber auch nicht viel meckern.

Trefferzonen und Wunden

  • Trefferzonen sind jetzt unterschiedlich. Große, mittlere und kleine Humanoide, große, mittlere und kleine Vierbeiner, große und sehr große beflügelte Sechsbeiner, Tentakelwesen und undefinierbare Schlemhaufen haben je eine unterschiedliche Tabelle. Hui. Ich warte schon auf die 10 neuen Trefferzonenwürfel, besonders natürlich auf den mit Riesenamöben mit „Körper“ auf allen 20 Seiten. Ohne Hilfsmittel oder ohne ständiges Nachschlagen sind diese Regeln meiner Meinung nach nicht spielbar.
  • Die Trefferzonen sind übrigens deutlich anders als in DSA4.1. Man wird jetzt seltener an Armen und Beinen und öfter am Torso getroffen. Man kann den Zonenwürfel also leider nicht weiterverwenden.
  • Die Erschwernisse für gezielte Angriffe liegen bei -4 (Torso), -8 (Arme, Beine) oder -10 (Kopf) und werden durch den Vorteil gezielter Schlag halbiert. Überrascht senkt sie danach um weitere 2. Im Kampf sind die Erschwernisse außer für den Torso immer noch ziemlich hoch. Statt am Arm zu treffen könnte man etwa über den Wuchtschlag/Präziser Stich 4 TP zusätzlich machen.
  • Das Beispiel illustriert dieses Problem schön. Der Riesenhirschkäfer hat ein extremes Ungleichgewicht im RS – 2 RS am Bauch und 5 RS überall sonst. Trotzdem ist der gezielte Schlag (mit SF) nur um 1 Punkt besser als der normale Wuchtschlag.
  • Es gibt wieder eine Wundschwelle! Gleich wie bei DSA4 beträgt sie KO/2, allerdings muss sie in DSA5 nur erreicht werden, damit Wunden auftreten. Wenn dann eine Selbstbeherrschungs-Probe -1 (-2 ab der doppelten WS, -3 ab der dreifachen WS usw.) ablegt, kann man negative Effekte ignorieren.
  • Negative Effekte treten sofort und einmalig auf. Man erhält 1 Stufe Betäubung (Kopf), 1W3+1 SP (Torso), lässt einhändige Gegenstände fallen (Arm) oder stürzt (Beine). Das finde ich eine sehr schöne Lösung, weil sie die Verwaltung von separaten Wunden erspart.
  • In einem Kasten wird erklärt, warum Treffer ins Auge oder durch den Hals nicht mit dem LeP-System zusammenpassen. Dann werden Erschwernisse für genau solche Treffer angegeben, nicht aber deren Auswirkungen. Das halte ich für den schlimmstmöglichen Kompromiss.

Hier komme ich zuerst zum Negativen. Die Trefferzonenregeln sind so meiner Meinung nach viel zu umständlich für ein flüssiges Spiel. Für jeden Gegner eine eigene Tabelle zu wälzen verlangsamt das Spiel und bringt nur wenig Spaßgewinn. Mich stört das Nachschlagen mehr, als wenn der Wolf etwas zu oft am Hinterlauf getroffen wird.

Die Implementierung der Wunden finde ich sauber und besser als in DSA 4.1. (Nicht umsonst habe ich für Ilaris einen sehr ähnlichen Ansatz gewählt.) Hier wird Verwaltungsaufwand sinnvoll eingespart. Leider ist die Skalierung auch hier nicht gut. Ein Kämpfer mit FW 10 und 14/14/14 kann auch 21+ Schaden noch ziemlich sicher wegstecken, ohne viele AP investieren zu müssen. Außerdem fallen auch hier wieder die häufigen 3W20-Proben auf, die gerade für erfahrene Helden ohnehin reine Formalität sein dürften.

Kampf in drei Dimensionen

  • Die Regeln zum Kampf im Wasser ähneln im Wesentlichen jenen aus DSA 4.1. Es gibt also Erschwernisse und Schadensabzüge, von denen Stichwaffen weniger betroffen sind. Mit einer Schwimmen-Probe kann man sich in eine vorteilhafte Position bringen, was beim Kampf gegen Wasserwesen zumindest zweifelhaft ist.
  • Fliegende Helden sind immer in vorteilhafter Position gegen Feinde am Boden und immun gegen Zu Fall bringen. Gibt es irgendeine Möglichkeit, einen angreifenden Karakil-Reiter von seinem Reittier zu holen?
  • Reiter können ihren Tieren Befehle geben, wenn sie und das Tier über die passende SF verfügen. Dazu muss eine einfache Reiten-Probe abgelegt werden. Dann muss zusätzlich das Reittier noch eine AT würfeln.
  • Beim Klammerangriff frage ich mich, welches Reittier da in Frage kommt. Reit-Krankenmolche? Starkrüsselmammuts?
  • Mit mächtiger Schlag führt ein besonders starkes Reittier eine normale Attacke aus, die nur mit Ausweichen gekontert werden kann und eine vermutlich stark erschwerte Kraftakt-Probe nach sich zieht, bei der Misslingen man am Boden liegt. Das ist ziemlich stark im Vergleich zum relativ lahmen Flugangriff.
  • Trampeln trifft nur einen Gegner, was gerade bei großen Tieren recht Schade ist.
  • Überrennen ist „eine Art Sturmangriff“, funktioniert aber anders. Auf mich wirkt es ziemlich lahm. Ich bin mir auch nicht sicher, inwiefern es sich vom deutlich besseren Niederreiten aus dem GRW unterscheidet.

Jedes dieser Tiermanöver ist relativ komplex und benötigt eine 3W20-Probe zusätzlich zur normalen Probe. Wenn Tiere keine hohen Attackewerte haben, dürften die meisten dieser Manöver nutzlos sein. Sowieso ist von diesen Manövern mit einem Pferd wahrscheinlich nur Überrennen und vielleicht Trampeln anwendbar, alle anderen Manöver funktionieren wohl nur mit extrem exotischen Reittieren. Das finde ich schade. Ich hätte mir hier mehr Fokus auf Aktionen mit Pferden gewünscht.

Kampf auf Streitwagen

  • Streitwagen verwenden nicht die Regeln zum Reiterkampf. Mir schwant Übles. Wird hier für ein absolutes Nischengebiet wieder ein eigener Regelkomplex aufgemacht?
  • Wie im Reiterkampf ist auch hier eine 3W20-Probe nötig, wann immer das Tempo geändert wird, nur wird diese auf Fahrzeuge abgelegt. Zusätzlich ist eine 3W20-Probe bei jeder Richtungsänderung notwendig.
  • Der Sichelangriff ist das erste Tiermanöver, das mehrere Gegner treffen kann und damit extrem fies. Warum gab es solche Flächenangriffe nicht schon beim Niederreiten oder Überrennen? Theoretisch könnte man sich vor dem Sichelangriff retten, indem man sich in (!) die Bahn des Streitwagens bewegt – denn der Streitwagen kann nicht gleichzeitig den Sichelangriff und ein Überrennen ausführen.
  • Insgesamt wirken die Regeln dann doch sehr ähnlich wie im Reiterkampf. Mit ein paar Aussagen wie „wo die Werte der Tiere zählen gelten jeweils die niedrigsten“, „alle Proben können auf Fahrzeuge statt Reiten abgelegt werden“, „Lanzenangriffe sind unmöglich, dafür der Sichelangriff“ hätte den Text massiv kürzen können.

Der Streitwagenkampf hat dieselben Nachteile wie der Reiterkampf im GRW: Viel zu viele 3W20-Proben und immer noch zu viele Sonderregeln. Doch wenigstens hat man sich hier am Reiterkampf orientiert und nicht völlig neue Regeln geschrieben, wie ich nach der anfänglichen Ankündigung befürchtet hatte.

Turnierregeln

Hier finden sich zuerst einmal 2 Seiten Hintergrundinformationen. Das hatte ich nicht erwartet, ist aber wohl die Folge der neuen Publikationsstrategie. Dann werden die einzelnen Disziplinen in Regeln vorgestellt. Dabei werden weniger neue Regeln beschrieben, als die Anwendungen der bisherigen Regeln in solchen Situationen erklärt.

  • Bogenschießen: Ein Schuss in die Mitte (winzig) bringt 2 Punkte, einer auf die Scheibe (klein) 1 Punkt. Blöderweise bekommt man keinen Punkt, wenn man die Mitte verfehlt. Eine kurze Rechnung sagt mir, dass man ab einem effektiven FK-Wert von 8 immer auf die Mitte schießen sollte.
  • Buhurt: Ein Treffer mit dem Holzschwert führt bei 4-6 auf dem W6 dazu, dass der Reiter eine Reiten-Probe ablegen muss, um nicht aus dem Sattel zu fallen. Das Turnierschwert ist somit die einzige Möglichkeit, den Reiter aus dem Sattel zu bekommen, wenn man nicht über Stangenwaffen verfügt oder das Pferd angreifen möchte. Naja.
  • In Streitwagenrennen werden QS über 12 Runden angesammelt. Die Geschwindigkeit spielt interessanterweise nur bei manchen Kampfmanövern eine Rolle, was ich ziemlich seltsam finde. Um zu Überholen, muss jedes Mal eine vergleichende Probe gewürfelt werden, sonst bleibt man hinter dem Wagen. Aber was passiert beim Start? Derjenige, der sich zuerst bewegt, hätte ja einen enormen Vorteil, weil alle anderen ihn erst überholen müssen. Doch wie sieht die Reihenfolge aus?
  • Bei der Tjoste wird nicht nach einem „Turnierplan“ gefordert, sondern nach Stand, Ehre und anderen Dingen. Mir ist nicht klar, wie der Sieger ermittelt wird.
  • Hier widersprechen sich auch zwei Punkte. Nach dem ersten bestimmt die INI der Reittiere, wer zuerst attackiert, zwei Punkt darunter ist es die INI des Tjosters. Für letzteren gilt aber laut GRW die Basis-INI des Pferds. Ist das jetzt das gleiche? Später wird erwähnt, dass die Attacke mit der niedrigeren INI nach der höheren INI erfolgt, im Punkt danach ist dann wieder von gleichzeitigen Attacken die Rede. Ich bin verwirrt.
  • Ein Angriff mit einer Lanze richtet 1W6+8 TP an, die durch eine Parade halbiert werden. Mit RS 8 erleidet man dann also quasi keinen Schaden, bei misslungener Parade etwa 2 Schaden. Die Reiten-Probe, um im Sattel zu bleiben, ist dann um die doppelten SP erschwert! Ein guter Wert mit dem Schild und die spezielle Turnierrüstung ist also absolute Pflicht. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Probe auch bei gelungener Schildparade notwendig ist. Gilt der halbe Schaden schon als „getroffen“?
  • Nach einem Treffer mit der Lanze ist man betäubt. Wie lange, entscheidet die vorhergehende Reiten-Probe. Vermutlich ist dabei die Probe gemeint, um im Sattel zu bleiben. Bei QS 1 ist man übrigens 3 Stunden betäubt, bei QS 2 immer noch 30 Minuten. Das scheint mir in keinem Verhältnis zu den 1W6+2 SP zu stehen, die man erleidet.
  • Beim Zweikampf erhält man einen Punkt pro Treffer. Würfelt man beim Schaden aber eine 6, zerbricht das Schwert und der Gegner bekommt einen Punkt. Seltsam.

Bogenschießen, Ringestechen, Zweikampf und Buhurt finde ich gut. Die Tjoste ist ziemlich konfus formuliert und die Betäubung viel zu lange. Davon abgesehen scheint man sich hier Gedanken über die Stochastik gemacht zu haben, was ich positiv finde. Das Wagenrennen hat mich nicht überzeugt. Ständige 3W20 Proben, ein für mich unklarer und ziemlich komplizierter und detailverliebter Ablauf sind für mich keine gute Grundlage für ein Actionspektakel. Mit ein paar kleinen Änderungen funktionieren die meisten Regeln in diesem Kapitel aber richtig gut. Endlich funktionierende Regeln mit klarem Nutzen fürs Spiel und deutlichem Mehrwert im Vergleich zu Vorgängerpublikationen.

Sonderfertigkeiten

  • Armbrust überdrehen: Der 1 TP ist für mich das Risiko, die Armbrust zu zerstören, nicht wert.
  • Auf Distanz halten ist ein passiver Vorteil, der dem Gegner mit kürzerer Waffe einen AT-Malus von -1/-2 gibt. Allerdings muss es am Beginn der Kampfrunde angesagt werden und man kann dann keine Basismanöver nutzen. Was ist daran passiv? Außerdem halte ich das Manöver für relativ schwach, weil es in vielen Situationen bessere Basismanöver geben dürfte.
  • Ballistischer Schuss erhöht die FK-Reichweite von Bögen um 50% für eine Erschwernis von -2. Von der Simulation ergibt das für mich keinen Sinn, da schon Schüsse auf kürzere Distanz ballistisch sein müssen. Und warum geht das nicht mit Armbrüsten?
  • Berittener Flugkampf – jetzt möchte ich bitte auch wieder den berittenen Unterwasserkampf. (Leider enttäuscht mich das verbleibende Regelwerk hier. Seufz.)
  • Beschützer: Ermöglicht eine AT -2 für einen Gefährten. Extrem nützlich!
  • Betäubungsschlag: 1 Stufe Betäubung für -2, leider nur mit Hiebwaffen, Schwertern, Stangenwaffen ausführbar. Haben Fechtwaffen keinen Knauf? Und was ist mit Raufen?
  • Eisenhagel ist gegen gerüstete Gegner leider immer noch nutzlos und dafür völlig überteuert.
  • Festnageln ist jetzt weniger aufwändig als früher, benötigt aber auch einen liegenden Gegner.
  • Herunterstoßen: Mir ist zwar nicht ganz klar, warum man nicht einfach das sehr ähnliche Zu Fall bringen gegen Reiter anwenden kann, aber Herunterstoßen erledigt das jetzt. Das Manöver wirkt leider nur gegen Reiter und verursacht auf eine andere Art wenig Schaden als Zu Fall bringen. Leider skaliert das Manöver nicht. Sobald der Reiter seine Reiten-Proben -2 schafft, ist er auch hiermit nicht aus dem Sattel zu bekommen.
  • Klingensturm macht im wesentlichen dasselbe wie der BHK, nur dass der zweite Angriff 2 TP weniger anrichtet. Dafür kostet er nicht einmal die Hälfte. Einhandwaffen sind wieder im Spiel!
  • Meisterparade verringert die Abzüge für mehrfache Paraden auf 2. Stark, aber auch teuer.
  • Scharfschütze senkt Erschwernisse im Fernkampf um 2 pro Stufe. Effektiv bringt das in den meisten Situationen FK +2/+4, was ich für die Kosten von 15/20 EP viel zu gut finde.
  • Unterlaufen ist ziemlich kompliziert formuliert. Im Wesentlichen kann man AT-Mali durch zu kurze Reichweite komplett ignorieren, bekommt aber bei misslungener Attacke einen Passierschlag. Das ist extrem gut, gerade mit guten Angriffswerten und kurzen Waffen kann man Langwaffen komplett aushebeln und den Vorteil von Langwaffen völlig negieren. Die SF ist dafür nicht einmal besonders teuer. Mit Verbessertes Unterlaufen kann man es sogar noch mit Spezialmanövern kombinieren! Hier fehlt es an Balancing.
  • Zweihändiger Reiterkampf: Zweihandattacken -4 vom Pferd. Na gut.

Manche Sonderfertigkeiten sind extrem gut (Unterlaufen, Scharfschütze, Meisterparade, Beschützer), andere ziemlich nutzlos (Armbrust überdrehen, Eisenhagel). Das Kosten-Nutzen Gleichgewicht stimmt dabei oft nicht. Leider skalieren auch manche Manöver nicht sehr gut, was sie später im Spiel nutzlos machen dürfte.  Gefühlt sind die meisten SF hier deutlich mächtiger als die im GRW. Dafür gibt es immer noch kein Manöver, um Gegner mit Nicht-Stangenwaffen zu Boden zu bringen.

Kampfstile

  • Jeder Held kann nur einen bewaffneten und einen waffenlosen Kampfstil erlernen, der fest mit seiner Profession verbunden ist. Außer mit der SF Kampfstil-Kombination. Es dauert mehrere Jahre, einen bewaffneten Stil zu lernen. Ein bisschen Klassensystem durch die Hintertür also.
  • Kampfstil-Kombination kostet gewaltige 50 AP. Es soll einem wirklich nicht leicht gemacht werden, einen zweiten Kampfstil zu erlernen.
  • Der Baburin-Stil besitzt eine äußerst umständliche Wirkung: Gelingt ein Kriegskunst-Probe in einer freien Aktion, hat man eine KR lang AT/PA +1 gegen einen Gegner. Eine zusätzliche 3W20-Probe pro Kampfrunde! Das hätte wirklich besser gelöst werden können.
  • Der Cendrash-Stil (+1 PA gegen große Gegner) scheint mir wesentlich schwächer als zB der Adersin-Stil (-1 PA für alle Gegner) oder der Baburin-Stil.
  • Der Gladiatorenstil ist ziemlich nutzlos geworden. +2 AT vor Publikum nach einem Treffer und einer gelungenen Überreden-Probe, dafür immer -2 TP? „Ich kann nicht wenn keiner zuschaut.“
  • Hylailos-Stil senkt AT/PA-Abzüge durch die Waffe um -1 und ist damit klar nützlicher als andere Stile (etwa Baburin-Stil), wenn man die richtige Waffe führt.
  • Der Marwan-Sahib-Stil ist extrem stark. -2 auf AT und PA für eingeengte Gegner. Hui. Die Premer Krieger sind dagegen eher arm dran. Weniger Abzüge im Wasser und weniger Schaden bei einem Patzer.

Insgesamt wirken die Kampfstile auf mich relativ kleinteilig. Meistens geht es um einen kleinen Bonus in einer bestimmten Situation. Manche Stile, wie der Marwan-Sahib-Stil stechen da deutlich hervor und sind sehr mächtig. Im Spiel stelle ich mir all diese Kampfstile relativ mühsam vor. So muss der Spielleiter etwa berücksichtigen, ob jetzt ein Kämpfer mit Marwan-Sahib-Stil oder Adersin-Stil seine NSC angreift und deren Werte modifizieren. Mir persönlich ist das zu viel Aufwand für zu wenig Effekt.

  • Breschenangriff ist genau das, was ich mir von allen anderen Reiten-Manövern erwartet hätte und macht diese ziemlich nutzlos.
  • Fahrender Schütze ist im Spiel absolut nutzlos. Der Handkantenschlab ebenfalls. Eine Aktion konzentrieren, um dann einen Angriff -2 mit +2 TP durchzuführen? Das ist wie ein Wuchtschlag mit Aktionsverlust.
  • Hohe Klinge ist der Vorstoß in gut.
  • Der Mächtige Rundumschlag ist immer noch ziemlich schlecht. Schade um die Zweihandwaffen.
  • Sprungangriff und Sprungtritt verwenden völlig unterschiedliche Regeln. Letzterer ist immer noch ziemlich gut, der Hammerschlag der waffenlosen Attacken quasi.
  • Für meinen Geschmack gibt es viel zu viele Raufen-Manöver (Kopfstoß, Schwinger, Tiefschlag), die beim Gelingen auf irgendeine Art Betäubung geben. Die Regeln unterscheiden sich dabei immer nur um ein klein wenig. Hier hätte mehr Vereinheitlichung gut getan, etwa wenn man all das über den Betäubungsschlag regelt.
  • Vorbeiziehen klingt wieder ziemlich stark. Wenn die AT -4 gelingt, hat man in der nächsten Runde +2/+2 und der Gegner kann keine Manöver einsetzen. Feine Sache! Damit kann man gerade gute und offensive Kämpfer absolut auskontern.
  • Windmühle macht keinen Sinn, wenn man auch den Hammerschlag beherrscht. -2 Erschwernis auf die Attacke ist besser als -2 auf die Parade, außerdem hat man weniger Einschränkungen und die Kosten sind gleich.

Mit dem Konzept der Kampfstile werde ich nicht warm. Die Grundwirkungen sind sehr kleinteilig und meistens eher ein Verwaltungsaufwand, als im Spiel größere Unterschiede zu machen. Die Kampfstil-SF scheinen mir zu weiten Teilen weniger nützlich als die gewöhnlichen SF. Bei vielen dieser SF ist mir auch nicht klar, warum diese exklusiv sein sollen. Warum ist der Schildstoß etwa für einen normalen Soldaten ungeeignet? Warum können nur Balihoer Krieger mit ihrer schweren Kavallerie Formationen sprengen? Ist das nicht die grundlegende Aufgabe schwerer Kavallerie? Inneraventurisch macht das keinen Sinn. Spieltechnisch auch nicht. Diese SF könnten ohne weiteres allen Kämpfern zur Verfügung stehen. Stattdessen wird hier ein Klassensystem durch die Hintertür implementiert, das wohl kaum zu deutlich unterschiedlichen Spielweisen führen wird, in jedem Fall aber sehr aufwändig und kompliziert ist.

Zwischenfazit

Bei besonderen Kampfaktionen und Talenteinsatz stört mich vor allem die geringe Flexibilität und der Aufwand. Hier werden sehr spezielle Situationen mit sehr speziellen Regeln versehen, die dann oft nachgeschlagen werden müssen. Viel eleganter wäre ein allgemeiner Mechanismus gewesen, wie Gegner abgelenkt, gefesselt oder umgeworfen werden können, egal ob durch einen Vorhang, einen Teppich, oder eine umgeworfene Feuerschale.

Die unterschiedlichen Wundtabellen halte ich für absoluten Blödsinn, die Implementierung der Wunden ist hingegen sauber. Leider skalieren die Wunden schlecht und dürften nur unerfahrenen Kämpfen zum Problem werden. Überhaupt skalieren sehr viele Bereiche der Kampfregeln nicht. Ab einem gewissen Niveau dürften beinahe alle Widerstandswürfe gelingen und man hat keine Möglichkeit mehr, Reiter vom Pferd zu holen, Wunden zu schlagen oder Ähnliches.

Die Turnierregeln hätte ich in diesem Band nicht erwartet. Sie sind mit einigen Makeln behaftet, die aber leicht ausgebessert werden können und stellen einen echtem Mehrwert dar. Das kann ich über die Streitwagenregeln nicht sagen und auch nicht über die Tierkommandos, die zu sehr auf sehr exotische Reittiere fokussiert sind.

Durch Kampfstile und zusätzliche SF wächst die Regelmenge für den Kampf enorm an. Das ist nicht immer gut gelungen, teilweise gibt es deutlich schwächere oder stärkere SF, die sich teilweise auch gegenseitig nutzlos machen. Die Kampfstile mit ihrer doch stark schwankenden Nützlichkeit und dem Hauch eines Klassensystems sind für mich das beste Beispiel. Das ist der Preis der steigenden Kompliziertheit. Einhandwaffen erfahren mit der extrem mächtigen SF Klingensturm einen enormen Boost und auch Stangenwaffen bekommen einige nützliche Manöver mit. Die Zweihandwaffen bleiben leider wieder außen vor, immerhin waren sie schon im GRW die schwächste Waffenklasse. Schade.


Fazit

DSA 5 versprach Einfachheit und Einsteigerfreundlichkeit. Das war dem GRW durchaus anzumerken, in dem in vielen Bereichen sinnvolle Vereinfachungen getroffen wurden. Mit dem Kompendium hat die Vereinfachung jetzt den Rückwärtsgang eingelegt. Es gibt mehr Talentregeln, mehr SF, mehr Kampfmanöver und mehr Kampfstile als jemals zu vor. Gerade bei den SF findet sich im Kompendium eine Kleinteiligkeit und Detailverliebtheit, die DSA4 noch einmal deutlich übertrifft.

Der Teil zu den profanen Fertigkeiten und den SF hat mir mit Abstand am wenigsten gefallen. Er strotzt nur so von haarsträubenden Redundanzen, sinnlosen Beispielen und Regeln, die im Spiel niemals irgendeine Relevanz haben werden. Die Fokusregeln sind zumindest teilweise sehr fehlerbehaftet, teilweise sauber gearbeitet und bilden mit den Turnierregeln den stärksten Teil des Kompendiums. Sie leiden allerdings stark an Mängeln, die aus dem GRW mitgeschleppt wurden, etwa der viel zu langwierigen Sammelprobe oder der unfairen Vergleichsprobe.

Das setzt sich im Kampf teilweise fort. Durch die neuen Fertigkeitsanwendungen im Kampf steigt die Zahl der 3W20-Proben im Kampf deutlich an, was den Kampf verlangsamt. Die neuen, allgemein zugänglichen SF sind teilweise sehr stark, gerade verglichen mit den SF im GRW. Die Fairness leidet teilweise darunter. Das neuen Kampfstile konnte mich nicht überzeugen. Zu kleinteilig, aufwändig und künstlich sind sie für das, was sie leisten sollen. Allgemein ist der Kampf sicherlich nicht mehr einfacher oder weniger aufwändig als nach DSA4.1.

Insgesamt verliert sich das Kompendium zu oft in extrem spezifischen Regeln, die genau für eine Situation geschrieben wurden. Doch sobald sich die Situation nur ein klein wenig ändert, sind die Regeln nicht mehr anwendbar. Etwas abstraktere und flexiblere Regeln hätten hier viel Regelwust und viele, viele redundanten Text sparen können. So bleibt der Eindruck eines Regelwerks, das nicht weiß, was es will. Einfachheit oder doch lieber detailverliebte Kleinteiligkeit? Freie Steigerung oder doch lieber ein Klassensystem? Das Kompendium findet keine klare Richtung und bietet stattdessen „Mehr von Allem“ mit oft zweifelhafter Anwendbarkeit und Qualität.

6 Gedanken zu “Das Aventurische Kompendium auf dem Prüfstand – Teil 3/3

  1. Danke für das erste Review Curthan! Ich finde du hast viele der Stärken und Schwächen sehr gut eingefangen. Ich selbst war vom Grundregelwerk und der Idee, alles wieder einsteigerfreundlicher zu machen schwer begeistert. Entsprechend macht sich jetzt langsam Enttäuschung breit, wenn ich viele der kleinteiligen Regeln im Kompendium sehe.
    Rein vom Inhalt komme ich auf ein paar Dinge auch überhaupt nicht klar:
    – Kann mir irgendwer erklären, was „Armbrust überdrehen“ sein soll? Die Sehne wird schließlich immer an der gleichen Stelle eingehängt. Da kann man nicht beliebig zurückziehen (außer evtl. bei einzelnen Modellen, dann wäre es aber etwas für eine Waffenvariante und nicht eine SF gewesen)
    – Die Trefferzonen werden zwar eingeführt, aber die Zonenrüstung nicht! Hier wird getrennt, was zusammen gehört.
    – Über die Häufigkeitsverteilung für Treffer an bestimmten Körperstellen ließe sich auch streiten (was man ja sieht, wenn man sich die Verteilung in DSA 4 ansieht…). Außerdem: Wie viel mehr Spielspaß kommt denn dabei wirklich rum, dafür, dass man viel mehr beachten muss?

    Insgesamt kann ich dem Buch wenig abgewinnen. Ich hatte auf allgemeine Regeln gehofft, mit schönen Besipielen, in welchen Situationen sie angewendet werden können. Vielleicht hätte ein SF-Baukasten auch gut getan (wie du ja auch schon geschrieben hast). Und wie wäre es, wenn wir auch bei DSA endlich davon weg kämen, dass man eine SF braucht um ganz gewöhnliche Dinge zu tun? Warum darf Otto-Normal-Bauer nicht mal versuchen einen Ritter vom Pferd zu holen? Warum kann man denn wirklich nur und ausschließlich mit Stangenwaffen einen Gegner zu fall bringen (selbst mit entsprechender SF)? Und hat einer wirklich auf die passende SF gewartet um endlich dreistöckige Torten backen zu können?
    Mich lässt das Buch mit Zweifeln am neuen DSA zurück und das macht mich sehr traurig. Nach vielen Jahre kommt man zurück und verliert sich bereitwillig in einer wundervollen Welt, nur um dann von Regeln wieder aus dieser herausgeholt zu werden.

    Nochmal vielen Dank für deine detaillierten Ausführungen!
    Viele Grüße
    Michael

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  2. Das Konzept von DSA 5, wie ich es verstanden habe, wird dadurch ja eigentlich nicht in Frage gestellt: ein überschaubares essentielles GRW und beliebig viele Bände mit kleinteiligem, unnötigem Gedöns zum Ignorieren. 😉

    Deine Besprechung bestärkt mich darin, mir das Kompendium nicht zuzulegen. An weltlichen Regeln bietet mir das GRW erstmal genug. Fokustegeln, mehr SF, insbesondere für den Kampf wären nett, aber kein Muss. Schade ist es trotzdem. Ich hoffe, Magie und Geweihte funktionieren besser.

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    1. Das wäre natürlich eine Möglichkeit und ich würde sogar dazu raten. Meiner Erfahrung nach passiert das aber sehr selten. In DSA4 wäre das es ja auch möglich gewesen, mit dem verhältnismäßig schlanken Basisregelwerk zu spielen. Aber alle mir bekannten DSA4-Gruppen haben mit allen erhältlichen Regelbänden gespielt – und sich dann über den Regelwust beschwert. Aber insgesamt war dann die Lust zu groß, auch Efferdgeweihte, Dûrro-Dûn oder Beschwörer spielen zu können. Oder Abenteuer, in denen solche Konzepte vorkommen. Ich vermute einmal, das wird bei DSA5 ähnlich sein.

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  3. Kann mich der gesamten Kritik nur anschließen. Teilweise drängt sich das Gefühl auf, dass das Kompendium eine lustlose Auftragsarbeit ist. Wurde nicht mal angekündigt, dass alle Regelprodukte einem Gamma-Test unterzogen würden?
    -2 Mali bei 3W20 Proben ist für halbwegs erfahrene Recken ein Witz. Das hätte man sofort festgestellt, wenn man auch nur ein paar der Kämpfe aus der Borbarad-Kampagne testhalber mit dem DSA5 Regelwerk durchgewürfelt hätte. Wirklich ärgerlich für Kämpfer die feststellen, dass ihre teuren SF sich auf höheren Stufen als völlig nutzlos erweisen.

    Für die redundanten Waffenlosen Manöver hätte in der Tat ein Absatz beim Betäubungsschlag ausgereicht:
    Betäubungsschlag
    + gezielter Angriff Kopf entspricht „anschaulich“ einem Kopfstoß oder Schwinger
    + gezielter Angriff Torso entspricht einem Tiefschlag

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  4. Zu Klingensturm: sogar das Talent „Einhändiger Kampf“ funktioniert mit Klingensturm, das für 10 AP +1 AT, PA und TP gibt. Ganz schön stark. Aus der 2er Erschwernis wird eine einfache, aus dem TP Abzug des zweiten Angriffs wird quasi ein Ausgleich, weil der erste Angriff ja +1 TP mehr macht.

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