Der Dungeon, das unbekannte Wesen II

Im letzten Beitrag habe ich ausgeführt, warum ich einen Dungeon als Film für eine schlechte Idee halte. Heute geht um meine Philosophie zu Dungeons: Der Dungeon als Spielplatz.

Den Spielplatz vorbereiten…

Diese Philosophie gilt schon beim Vorbereiten eines Dungeons. Ich erschaffe einige Räume und fülle sie mit Elementen, von denen ich glaube, dass sie meinen Spielern Spaß machen. Dabei versuche ich, eine gute Mischung aus Gefahren und Belohnungen zu finden. Gefahren können Fallen, Gegner, aber auch natürliche Hindernisse sein. Sie sorgen für die Spannung. Belohnungen sind im klassischen Fall Schätze, aber sie können auch ein Hinweis auf die Vergangenheit des Dungeons oder ein hilfreicher oder unterhaltsamer NSC sein. Belohnungen sorgen für die Motivation, den Dungeon weiter zu erforschen. Denn die wenigsten Spieler möchten ihre Charaktere in eine endlose Reihe von Todesfallen tappen lassen, deswegen sollten sich beide Elemente die Waage halten.

Wenn ich alle Elemente beisammen habe, teile ich sie auf Räume auf. Jeder Raum bekommt zumindest ein interessantes Element, mit dem die Charaktere interagieren können. Die Betonung liegt dabei auf können – die Helden werden nicht gezwungen, sich mit den Elementen zu interagieren, die sie langweilig finden. Sie sollen verwenden, was ihnen am meisten Spaß macht. Deswegen sollte ein Dungeon niemals linear angelegt sein, sondern es sollte verschiedene Wege zum Ziel geben. Die Helden wollen nicht gegen den Zwergengolem kämpfen? Nun, vielleicht können sie die uralte Mechanik in der Schmiede in Gang setzen und mit einem gewaltigen Hammer die Seitenwand einschlagen. Das ist mindestens genauso cool und die Spieler werden sich freuen, ihren eigenen Weg wählen zu können. Nur die Spieler entscheiden, mit welchem Spielzeug sie spielen.

…und bespielen

Dadurch kann ich mich auch beim Leiten eines Dungeons zurücklehnen. Beim Dungeon als Film ist vor allem der Spielleiter gefordert. Er muss die Spieler auf der Schiene halten, und nebenbei muss er die Fahrt auch noch unterhaltsam gestalten, was mal mehr, mal weniger gut gelingt. Beim Dungeon als Spielplatz kann sich der Spielleiter dagegen zurücklassen und die Spieler, nun ja, spielen lassen. Die Spieler entscheiden, wo es lang geht und wie. Sie setzen die Aktionen, und ich als Spielleiter reagiere.

Das funktioniert in einem Dungeon besonders einfach, denn die Spieler haben zwar immer mehrere Optionen, aber nie unüberschaubar viele. Vielleicht können sie in drei verschiedene Räume gehen – aber die habe ich alle vorbereitet. Außerdem sind drei Optionen immer noch sehr übersichtlich im Vergleich zu einem Stadtabenteuer, wo die Optionen beinahe unbegrenzt sind. Ich muss als Spielleiter also keine Angst haben, spontan mit gänzlich unvorhergesehenen Situationen umgehen zu müssen. Das macht den Dungeon als Spielwiese zu einem besonders dankbaren Genre für Anfänger-Spielleiter.

Interessanterweise gilt das aber umgekehrt auch für Spieler. Auch sie haben mehrere, aber nicht unüberschaubar viele Optionen. Gleichzeitig genießen sie vollständige Narrenfreiheit und benötigen kein besonders tiefes Wissen über die Spielwelt. Auch kommt es selten zur Langeweile, denn wenn nichts (Interessantes) passiert, hat man stets eine einfache Möglichkeit, um Bewegung in das Abenteuer zu bringen: Man geht eben in den nächsten Raum. Das macht den Dungeon als Spielplatz auch für Anfängerspieler geeignet.

Beides gilt nicht für den Dungeon als Film: Dort muss der Spielleiter die Spieler auf den Schienen halten und eine interessante Handlung erzählen. Und die Spieler müssen verstehen, dass es Schienen gibt und wohin sie führen – zum Beispiel, dass man gegen den Zwergengolem eben nicht kämpfen darf, weil man sonst stirbt. Beides ist gerade für Anfänger nicht einfach und kann schon einmal zu Konflikten führen.

Ob der Dungeon als Spielplatz funktioniert, kannst du übrigens leicht feststellen: Wenn die Spieler freiwillig mehr Räume erforschen, als sie müssten, hast du einiges richtig gemacht. Im nächsten Beitrag veröffentliche ich meinen Versuch für einen Dungeon als Spielplatz.

Und weil ich im letzten Beitrag einige Dungeons hart kritisiert habe, möchte ich auch noch ein positives Gegenbeispiel bringen: Den Ziggurat in Der dunkle Mhanadi. Hier wird Forschergeist belohnt: Die Helden können etwas über den Hintergrund des Dungeons herausfinden und einen Vorteil im Finale erlangen. Und durch einen vorhandenen Plan entscheiden die Spieler, wohin sie gehen – zumindest teilweise, weil auch dieser Dungeon für meinen Geschmack zu linear aufgebaut ist und nur manchmal unterschiedliche Wege erlaubt.

Was haltet ihr vom Dungeon als Spielplatz? Und was ist eure Philosophie zu Dungeons? Ich freue mich auf eure Kommentare!

Liebe Grüße,
Curthan

4 Gedanken zu “Der Dungeon, das unbekannte Wesen II

  1. Für mich wäre der erste Schritt die Geschichte des Dungeons:
    Wer hat dier gebaut oder gelebt?
    Wie sah dieses Lebens etwa aus?
    Welche Höhlen, Hallen und Kavernen waren nötig.

    Nur wenn der Dungeon sich echt (organisch 🤔) anfühlt, kann ich ihn glaubhaft rüber bringen.

    Danach bin ich wieder voll bei dir… 👍

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  2. Zwei Dungeons, die bei uns gut funktioniert haben:

    1: Die verlassene Zwergenstadt Aradolosch aus Brogars Blut: wenn ich mich recht erinnere, war der Dungeon nicht wahnsinnig gut ausgearbeitet, aber wir Spieler konnten sind auf die permanente Bedrohung durch einer unbekannte Macht einlassen.
    Sobald wir das Tippen nackter Füße gehört haben, sind wir panisch weiter geflohen. (Ich weiß noch, dass ich wahnsinnig enttäuscht war, als ich später erfahren habe wovor wir da geflohen sind. 🙄)

    Wirklich gut an dem Dungeon war aber, dass unser Spielleiter die Tunnel und Gänge vierdemensional darstellen könnte: wir müssten Schluchten überwinden, durch verschüttete Gänge kriechen oder überflutete Tunnel durchschwimmen. Und durch die subtile Bedrohung wurden diese Standard Situationen zu echten Abenteuern.

    2: der Zombie Grotten aus Knochenblei & Schwarzes Blut:
    Das war für mich die Art Dungeon, von der du hier sprichst. Es gab viel zu entdecken, immer wieder Überraschungen und jenseits des Plots interessante bis trashige Angebote.

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  3. […] Nach dem ersten Teil seiner Dungeonreihe, in dem Curthan vom Ilarisblog vor allem, seiner Meinung nach, schlechte Beispiele für Dungeons gebracht hat, versucht er es nun mit einer anderen Herangehensweise für Dungeons. Und zwar ihn nicht als Railroading Trip zu sehen, sondern als Heldenspielplatz. Was er damit meint, könnt ihr auf seinem Blog lesen. Außerdem gibt er ein positives Beispiel für ein DSA Dungeon Abenteuer. » Zum Artikel […]

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